Kreisgruppe Aachen Land

Leserbrief

26. Februar 2023

Leserbrief zu den Artikeln in der AZ vom 11.02. und 16.02.23 unter den Titeln „NABU erstattet Anzeige gegen den WVER“ und Wasserverband steht weiter in der Kritik“

Leserbrief zu den Artikeln in der AZ vom 11.02. und 16.02.23 unter den Titeln „NABU erstattet Anzeige gegen den WVER“ und Wasserverband steht weiter in der Kritik“

Der NABU in Aachen packt da ein Problem an, das schon länger dem ehrenamtlichen Naturschutz unter den Nägeln brennt. In den 1960er Jahren hat bereits der ehemalige Wasserverband Obere Wurm (Vorläufer des WVER) maßgeblich daran gearbeitet, die Flüsse zu begradigen und naturfern auszubauen (Betonrinnen). Man wollte auch die Wurm nördlich Herzogenrath als Staatsgrenze begradigen und mit Steinschüttungen und -stickungen in den Böschungen geradlinig ausbauen. Damals hat man unter „Wasserbauern“ so gedacht; es sollte das Hochwasser möglichst rasch abgeführt werden. Zum Glück wurde das politisch und durch die Naturschutzverbände verhindert.

Heute -60 Jahre später- schleichen sich wieder alte Strukturen ein, die unsere Bäche in „steinerne Rinnen“ verwandeln wollen. Dabei gibt es immer mehr gute Beispiele (z.B die Elbe bei Lenzen in Brandenburg), wie man mit natürlichen/naturnahen Mitteln den Hochwasserschutz wesentlich besser und vor Allem naturnah erreichen kann: Man muss dem Bach/dem Fluss an entscheidenden Stellen mehr Raum geben (z.B. offene Auen), wo Hochwässer gefahrlos zurückgehalten werden und so die Hochwasserwelle gebrochen wird. Und das ist nebenbei dauerhaft auch noch wesentlich preiswerter.

Man fragt sich, warum das weiter so und nicht im naturnahen Ausbau läuft. Ganz einfach:

Alles muss auf kleinem Raum realisiert werden. Grunderwerb ist aufwändig, teuer und braucht seine Zeit. Dabei können die Kommunen Vorkaufsrecht ausüben um die Fließgewässertäler ökologisch aufzuwerten und so private Eigentümer in Überschwemmungsbereichen entlasten. Sie sind sogar verpflichtet, hochwassergefährdete Bereiche von Bebauung frei zu halten bzw. Bebauungspläne dort aufzuheben. Aber:

Der WVER vergibt in der Regel alle Planungen und so verdienen die Planungsbüros und Gutachter in Abhängigkeit von der Abrechnungssumme. Seelenlose Computerprogramme berechnen den Abfluss (inzwischen für Ereignisse, die rechnerisch alle 500 bzw. 1000 Jahre auftreten können), die Ausformung und die dauerhafte Struktursicherung von Sohle und Ufern. Je aufwändiger die planen, desto mehr verdienen sie. Und deswegen wird immer auf „Nummer Sicher“ geplant – meist ohne Rücksicht auf die Natur. Im üblichen wasserrechtlichen Verfahren werden die Planungen dann meist ohne große Alternativprüfung durchgewunken und abgesegnet. Naturnahe, preiswerte Alternativen fallen da hinten runter. Es zählt nur die dauerhafte Sicherung des Bachbettes ohne natürliche Sedimentverfrachtung (für jedes Fließgewässer absolut wichtig) und Mäandrierung (Uferabbrüche und Sedimentablagerung für ein dynamisches Gewässer). Ökologisch notwendige Alt- und Totarme im Gewässer gehören damit der Vergangenheit an und können nie mehr neu entstehen. Auch ins Fließgewässer gestürzte Bäume, die für die Tiere im Fluss wichtig sind, werden immer brachial aus dem empfindlichen Auenbereich herausgewuchtet (Gewässerunterhalt). In einem naturnahen Bach/Fluss gehören die einfach dazu und bereichern die Ökologie im Fluss.

Fazit: Es ist an der Zeit nicht nur Ökologie über die EU-Gewässer-Rahmen-Richtlinie zu verordnen, sondern auch lokal umzusetzen. Schade, dass dazu inzwischen Gerichte bemüht werden müssen.

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